Kleine Reiseanekdote Nr 1 oder: Wie man im Speisewagen zu der Überzeugung gelangen kann, ein guter Mensch sein zu wollen

Ich war am Wochenende verreist und bin mit dem Zug gefahren. Es war a...kalt und proppevoll, ich bekam also keinen Sitzplatz. 4 Stunden stehen oder auf dem Koffer hin und her rutschen ist auch Mist, also schlich ich mich in den Speisewagen mit dem Gedanken
"Lieber 4 Euro für heisses Wasser ausgeben als 4 Stunden den Tragegriff vom Koffer im Hintern und bei jeder Kurve sich vom dreckigen Boden hochrappeln."

 

 

Alle Tische belegt. Ich ging also zum Servicebeamten (nennt man die in Zügen auch Kellner?) und fragte nach einem Platz und bekam einen Drehstuhl (das ist lustig, wenn man Schiffschaukeln mag und unpraktisch wenn man an Reiseübelkeit leidet, was trifft wohl auf mich zu? Genau! Beides!) an einem Gruppentisch. Kurze Zeit darauf konnte ich aber an einen 2er Tisch umziehen (manchmal hat man auch Glück), wo ich eine Stunde sass und nichts zu essen bekam, weil ich auf jede Anfrage diesbezüglich immer dieselbe Antwort erhielt:
 "Ham wir leider nicht."   
Bis hierhin verlief meine Reise also relativ unbequem. Soll ich noch einfügen, dass wir Verspätung hatten oder kann sich das ein DB-Reisender denken? Ich hatte jedenfalls noch mehr als die Hälfte vor mir und war schon jetzt fix und foxi. Dann hatte ich endlich was zu essen auf der Karte gefunden, dass es auch in der Realität und nicht in bunten Bildern gab und eine Berechtigung im Speisewagen zu sitzen, als ein älteres Ehepaar an mich herantrat. Die beiden hätten gern den 2er Tisch, um Mittag zu essen und ob es mir etwas ausmachen würde, an dem Gruppentisch Platz zu nehmen? 
"Sehr verbunden."
Also bin ich wieder Schiffschaukel gefahren. Ich hab mir gedacht, ich könnte zur Abwechslung auch mal ein guter Mensch sein. Die meiste Zeit verteidige ich mein nachlässig egoistisches Verhalten nämlich leidlich damit, einfach von Grund auf schlecht zu sein und :
"Da kann man ja nichts machen."
Am Ende meiner Fahrt wollte ich die Rechnung begleichen (die war nun auf zwei Glas heisses Wasser und ein Stück trockenen Kuchen angewachsen, da ich ja beschlossen hatte, berechtigt vor Ort und nett zu sein). Und musste feststellen, dass es sich tatsächlich lohnt, freundlich und hilfsbereit zu sein, denn meine Rechnung war komplett von dem freundlichen älteren Paar beglichen worden, die mit mir die Plätze getauscht hatten. Dafür, dass ich nur den Platz getauscht hatte, war das wirklich sehr grosszügig von den beiden.

 

Vielen Dank also nochmal!

 

 

 

Und dies hier habe ich im Internet entdeckt und bin begeistert:

 

http://undergroundnewyorkpubliclibrary.com/

 

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