Warum ich Philosophin bin

Ich bin Philosophin. Nicht weil ich mich dafür entschieden habe, sondern weil ich es bin. Ich glaube, dazu wird man geboren, so wie man auch mit blonden Haaren geboren wird. Die kann man dann rot färben oder grau werden lassen, aber geboren wird man damit und man hat sie. Wie kann das sein, wirst du dich jetzt fragen. Lernt man Philosophie nicht aus Büchern, an der Uni, durch Nachdenken? Ja, tut man. Aber Philosophie lernen, philosophieren und Philosoph sein, das sind drei verschiedene Paar Schuhe. Philosophie kann man lernen wie alles andere auch. Wie man Sprachen lernt oder Mathematik. Philosophieren kann jeder und hat auch schon jeder getan. Aber Philosoph sein? Das ist nicht jeder. Das ist an sich aber nichts besonderes, es gibt ja auch ziemlich viele davon. Menschen, die alles totdiskutieren, aus Spass mehrmals den eigenen Standpunkt wechseln, alle Argumente auseinanderzupfen und sogar Worte zergliedern, dabei vorgeblich immer im Dienste der Wahrheit stehen und sich selbst als objektiv bezeichnen, obwohl sie eigentlich im Elfenbeinturm sitzen und die reale Welt nicht wahrnehmen wollen (wozu auch, wenn man sie sich erdenken kann?), das sind Philosophen. Klingt nicht sehr schmeichelhaft, nicht wahr? Warum sollte man also Philosophin sein wollen und outet sich im Internet damit quasi als Spinne? Ich bin nunmal, was ich bin. Ich will es auch nicht ändern. Es ist sehr amüsant, im Elfenbeinturm zu sitzen. Und das ich nicht normal bin, will ich gar nicht verstecken. Genauso wie beim Perlenbasteln die fehlerhaften Tierchen meistens die interessantesten und schönsten sind, frei nach dem Motto: "Its not a bug, its a feature."  

Jetzt mal zu normalen Menschen. Hab gerade in einer Kolumne gelesen, dass laut dem neuen Katalog für psychische Störungen DSM fast jeder verrückt ist und keiner mehr normal. Was aber automatisch bedeutet (meine fortgeführte Überlegung) dass dadurch wiederum alle normal sind, da verrückt dann ja zum status quo ernannt wird. Im Grunde wollen die nur mehr Medikamente verkaufen, da stand nämlich auch noch, dass letztes Mal nach Herausgabe dieses (von der Pharmaindustrie gesponserten?) Kataloges die Diagnosen von ADS in die Höhe schnellten und somit auch der Verkauf von Ritalin. Da wird den Eltern eingeredet, ihre munteren aufgeweckten Kinder seien krank. Das ist verrückt. Also normal. Nach so einer Lektüre sitz ich da und habe Kopfmüsli. Das ist ein schöner Begriff, den ich noch analysieren muss. Den hat eine Bekannte von mir neulich gebraucht. Ich finde ihn ganz passend, weil ich mir ja auch wahrlich den Kopf zerbreche über die Welt und ihre Kuriositäten. Aber zurück zum Thema. Alle sind verrückt, keiner ist mehr normal, Verrücktsein wird darum zur Normalität. Wir schlucken bunte Pillen oder auch nicht und leben weiter wie bisher. Ich bin also Philosophin und ganz normal. Das ist sehr witzig. Wenn man es mit Abstand betrachtet, dann kann man eigentlich nur lachen.   
Also ich hab mich auch beim Schreiben ziemlich totgelacht. Aber das tue ich meistens. Wenn man schon Philosoph ist. Zu irgendwas muss das doch gut sein. Und wenn es nur bedeutet, die Welt öfter mal mit dem lachenden Auge zu sehen. Daher mein weiser Rat so von oben herab aus meinem elfenbeineren Wolkenkuckucksheim: Wenn du drüber schmunzeln kannst dann schmunzle. Runzeln hast du schon genug. :D

Liebe Grüsse, eure Spinne

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Christiane (Dienstag, 14 Mai 2013 15:37)

    Oh wie herrlich, diese frischen Worte zu lesen :) Kein Kopfmüsli bei mir, dafür gefälliges Nicken hier und da. Nach heutigem Standard wäre ich auch ein AD(H)S Kind gewesen - nur gut, dass es damals noch kein Ritalin gab.
    Schreib weiter fleißig auf, was dein Hirn zum Denken und Lachen bringt! Vielen Dank!