Auf den Hund gekommen

Neulich hatte ich Gelegenheit, mich in einer Tierarzt-Praxis umzusehen. Ein guter Freund von mir ist auf den Hund gekommen, eine supersüsse kleine Französische Bulldogge (das sind die mit den Ohren wie ein Hase). Nun werden einige sicherlich denken, Bulldoggen haben doch eine grosse Sabberschnauze und Falten und sind so dick und unförmig. Wie kann das bitte supersüss sein?

        

Nun, euch möchte ich sagen, vielleicht kommt es auf den Charakter an. Diese kleine Dame ist nämlich ein wahnsinnig freundliches und ruhiges Tier in einer angenehm kompakten Grösse, ohne dass man sie zu den Handtaschen-Hunden zählen muss. Die sind ja auch meist nicht sehr freundlich. Aber wenn ich in einer Handtasche leben müsste, wäre ich meistens auch schlecht gelaunt. Dunkel, muffig, schlecht gelüftet, selten aufgeräumt und vollgekramt mit Zeug, das keiner braucht (mal im Ernst, Mädels, wie oft räumt ihr eure Handtasche auf? Ach echt, so oft... Na gut ich hab nichts gesagt ;) )....Dann lieber in einer Tonne leben... wo war ich denn? ach ja, gut gelaunte Hunde. Also die kleine Bulldogge ist ein sehr fröhlichfreundliches Wesen mit einem Hang zur Gemütlichkeit, das ist mir sehr sympatisch. In besagter Tierarzt-Praxis waren nun auch andere Hunde und für die Tiere ist es eine Extremsituation. Da zeigt sich einem ruhigen Beobachter sehr schön, wer mit seinem Hund umgehen kann und wer nicht. Oder, das ist meine Gegenthese, haben einige Rassen einfach einen miesen Charakter und andere einen freundlichen? Liegt es also am Hund oder am Mensch?

Der erste Hund machte uns schon beim reinkommen blöd an. Er bellte sich die Kehle heiser, hing dabei röchelnd im Halsband und fletschte die Zähne. Der Arme wird bestimmt eingeschläfert und versucht zu entkommen, dachte ich. Aber nein, die Halterin war ganz cool, sie hielte ihn ja fest und wir könnten uns natürlich setzen. Sie hatte sich den kleinen Wonneproppen auch schön unter dem Stuhl zwischen den Beinen festgeklemmt und packte das sich aufbäumende wilde Tier mit beiden Händen am Halsband. Es wollte sich eigentlich keiner setzen, ich habs dann doch mal gemacht. Ich dachte mir, wenn ich dem zeige, dass mich sein Theater beeindruckt, dann hat dieser kleine Pups gewonnen. Und so gross sind seine Zähne jetzt auch nicht. Ich hatte ja Gelegenheit, mir die kleinen Beisserchen in all ihrer Herrlichkeit zu betrachten. Mein kleiner Junge war von dem Theater etwas eingeschüchtert, aber er ist nicht fortgelaufen, oh nein, er blieb bei uns. Ich wäre ja als Kind auf und davon, aber ich bin auch ein Angsthase. Die Bulldogge steckte den Kopf in den Sand. Auch ne Methode. Der Hund musste dann in den Untersuchungsraum geschleift werden. Dann wurde es schlagartig ruhig. Ich nehme an, der Tierarzt setzte sich gekonnt durch. Die Halterin konnte das nicht. Ich würde dieser Frau zu einem Hamster raten. Wenn die beissen, ist kein Unglück geschehen.

 

Dann kam ein Münsterländer mit seinem kleinen und grossen Frauchen herein. Sogar das zierliche 8-jährige der beiden Menschlein hatte sich die Leine ziemlich um den Finger gewickelt. Will sagen, sie konnte dem Hund locker in die Augen sehen (oder er ihr, wie mans nimmt) und bändigen. Er war zwar Jagdhund-mässig ziemlich unruhig und schnüffelte herum, aber es war ja auch gerade der andere kleine Pisser, erm Pinscher, hinausgetragen worden und der hatte bestimmt jede Menge Angst und Aggression im Raum hinterlassen. Sobald er zurück kam, machte der Münsterländer einen gewaltigen Satz und sie machten dem kläffenden speichelsprühenden Drachen Platz, als er aus der Praxis geschleift wurde. So viel zu meiner Theorie mit dem Einschläfern. Die beiden Menschen samt Münster holten etwas ab und dann verschwand mein Bekannter mit der kleinen Bulldogge im Untersuchungszimmer.

Während sie fort waren, kam Huutsch herein. Kennt ihr den Film Scott und Huutsch? Seht euch diesen Film ruhig mal an, dann wisst ihr, was ich im ersten Moment dachte. Eine Bordeaux-Dogge mit einem Schädel so gross wie ein PKW. Der kleine Junge neben mir bekam nach dem Theater mit dem Pisser-Pinscher jetzt doch Angstzustände. War ja auch verständlich, das Vieh war so gross wie ich und mein Kopf hätte locker in seinen hineingepasst. Aber: Huutsch war freundlich. Er kam auf mich zu, da Frau sich auf den Platz neben mir setzte und schlabberte mich zur Begrüssung ab. "Er hat mich vollgeschleimt!" Ja. Gemütliche Doggenmentalität? Nö, die zählen eigentlich zu den "gefährlichen Rassen". Habs gegoogelt und wollte es kaum glauben. 

Dazu muss man gerechterweise anmerken, die Dame hatte ihre Dogge unter Kontrolle und die Leine sehr kurz gefasst. Sie wollte mich nicht duschen. Aber der Abstand zwischen den Sitzplätzen war sehr kurz und der Hund sehr lang. Also zog sie die Leine an und der Hund hatte trotzdem noch genug Lauflänge um mich zu begrüssen. Meine gesamte Hose wurde eingeschleimt und ich packte die samtigen Falten und drückte den Kopf sanft weg. Nach drei Entschuldigungen sagte ich nur lakonisch: Ist doch nicht schlimm, das kann man waschen. Ist nur ein bisschen Gesabber. Es störte mich auch nicht wirklich, nach einem Nachmittag auf dem Ponyhof ist man ebenfalls leicht verschmutzt und man geht trotzdem immer wieder hin. Naja, da hat man allenfalls mehr Zeit um sich so einzusauen.

Der kleine Junge neben mir war nun mit seinem Latein am Ende. Eigentlich hatte er ja als Erwachsener eine Dänische Dogge haben wollen, aber nachdem er Huutsch gesehen hatte, entschied er sich dann doch spontan für den Chihuahua (ohne Tasche ein normaler Hund). Huutsch machte jedenfalls so gewaltigen Eindruck mit seiner Begrüssung (und der erste Eindruck zählt ), dass er sich sicherheitshalber an das andere Ende des Raumes verzog, der Junge, nicht der Hund. Trotz freundlich-sabbernden Geschnaufes von Seiten des Caniden war da leider nichts mehr zu machen. Nach dem Anbellen und Zähnefletschen des Pinscher-Monsters wollte er nicht auch noch angesabbert werden. "Was ist, wenn ich dem grossen da schmecke?" stand auf seiner Stirn. Ich bot ihm also an, draussen beim Wagen zu warten. Wie gesagt, ich wäre früher ja schon bei der ersten Begegnung mit dieser Art gerannt. Aber das wollte er auch nicht. Er begann vielmehr eine Unterhaltung mit der Hundehalterin, bei der er seinen Wunsch nach einer Dänischen Dogge dann kundtat und sogleich revidierte und lachte ein wenig nervös. Ansonsten stand er da sehr tapfer, plauderte und wartete. Auch wenn nun zwei Meter mehr zwischen dem Hund und ihm lagen, bewundere ich seinen Mut (wie gesagt, ich wäre gehoppelt). Unsere kleine süsse Bulldogge kam dann endlich heraus, ich wurde bezüglich meiner Garderobe nicht wenig bestaunt (wie hast du es geschafft, dich so einzusauen, indem du hier 5 Minuten sitzt?! ) und wir gingen. Und mein Fazit?

 

Es kommt nicht so sehr auf den Hund an, sondern auf den Halter. Es gibt Leute, die können ihren Hund trotz kalbsähnlichen Ausmassen mit einem Fingerzeig unter Kontrolle bringen. Dass in kleinen Räumen dabei Kollateralschäden entstehen, ob nun durch Sabberschnauze oder Wedelschwanz verursacht, sei mal dahingestellt. Was können die Leute dafür, dass der Raum so klein ist? Genau. Also... Hund unter Kontrolle oder nicht? Es liegt am Halter. Der Hund muss gehorchen und so einfache Sachen wie Sitz oder Still sollte jeder Hund können, auch und vielleicht gerade wenn er Angst hat. Denn wann ist so ein Tier wohl am gefährlichsten? Bestimmt nicht, wenn es entspannt unterm Apfelbaum liegt und meilenweit keiner zu sehen ist. Also liebe Hundehalter, wenn euer Hund sich mal wieder nicht benimmt, einpacken und in die Hundeschule oder zum Training. Ihr tut euren Mitmenschen einen grossen Gefallen, wenn ihr lernt, wie ihr eurem Hund ein ruhiges Verhalten beibringt. Und wenn er dann doch mal was ansabbert, ist es hoffentlich kein Beinbruch.   

  

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