Neue Wege

Anfänge sind immer schwierig. Ich habe schon oftmals neu angefangen, ich denke, dass hat jeder von uns. 

Man kommt am ersten Schultag in eine neue Klasse. Man springt das erste Mal vom drei Meter-Brett. oder wie in meinem Fall fällt eher und tut es danach nie wieder. Manche ersten male bleiben erste Male, andere sind irgendwann völlige Routine. Aber dieses Anfangen hört eigentlich nie auf.

 

Nach meinem Studium hatte ich einen besonderen Anfang vor mir, er begann mit einem definitiven Ende. Ein merkwürdiger Moment, weil einem alle gratulieren, dass man endlich fertig ist, dass man es geschafft hat, dass man nun erst so richtig loslegt. Die große Frage, die mir keiner beantworten konnte war: Und was mache ich jetzt?! Ich meine... im Studium, da kannte ich mich immerhin aus, da war ich ein alter Hase. Und jetzt sollte ich das also nicht mehr tun. Stattdessen sollte ich etwas anderes tun, etwas neues anfangen, nur eben was?

Ich hab viel drüber nachgedacht (meine Leser wissen, dass ich das ja meistens tue) und habe mich gefragt: Ist das eigentlich auch bei einer Eheschließung so? Alle gratulieren dem Brautpaar und geben unsinnige Tipps und gut gemeinte Ratschläge und behaupten, dass jetzt ihr neues Leben anfängt. aber das stimmt ja eigentlich nicht, man ist ja nicht plötzlich zu zweit als wäre man geklont worden, die meisten Menschen kennen sich vorher und leben eventuell sogar schon zusammen. Ehe auf Probe sozusagen. Sie wissen also, worauf sie sich einlassen. Vielleicht ist es eher so, als würde man ein Kind kriegen. Man hat mir gesagt, dann würde sich das Leben total verändern und nichts sei so, wie es mal gewesen ist. Ein neuanfang also. Und wieder sind da diese Gratulanten, die das aus der Ferne betrachtet alles toll finden und einem Ratschläge geben und alles kommentieren. Und heute tun das ja sogar diejenigen, die man nicht mal zu Hochzeit und Taufe einlädt, dank Facebook sieht es aber eben auch Lieschen Müller oder Puttchen Brammel. 


Also mir stand auch ein Neuanfang bevor und das Lampenfieber war auch entsprechend groß. Ungefähr so, als würde man bei Marejke Amado durch die Zauberkugel gescheucht und danach ist man eine andere Person wie madonna oder Michael Jackson und das will ich um Gottes Willen bitte nicht! Und dann noch die Frage: Was wenn ich versage? Woran merke ich überhaupt, dass ich versage? Und wenn ich es nun nicht merken sollte?! Das wäre ja fast noch schlimmer!

Zudem war ich allein. In einer Ehe kann man sich ja immerhin an jemanden klammern und als Elternteil kann man ja das Baby wie einen Schutzschild vorweg tragen und damit die Aufmerksamkeit geschickt von sich ablenken. Neuerdings machen die Leute das ja gern in Tragetüchern, die den Blick auf das Baby besser verschleiern als Kinderwägen. Das funktioniert wie das Prinzip Überraschungsei: Alle wollen gucken, was drin ist, scheiß auf das drumherum Sprich Eltern.


da stand ich nun ohne Krücke und ohne Schutzschild. Der Satz könnte auch aus meinem Phantastischen Roman stammen... Ich hab versucht, mein Diplom als solches zu benutzen. Eine Zeitlang war meine Standardantwort auf jede Frage: "Es ist mir schon klar, wieso du ausgerechnet Mich das fragst, denn ich hab ja immerhin ein Diplom! " am liebsten habe ich das bei Fragen gemacht, die damit gar nicht in Zusammenhang standen, denn es ist eine superlustige Antwort auf die Frage: "Reich mir doch mal Bitte die Butter!" Hat aber auf Dauer nicht funktioniert.

 

Meine nächste Strategie war, mich wieder an der Uni einzuschreiben. Als Doktorandin. Das war eine Zeitlang auch wirkungsvoll auf die Frage: "und, was hast du jetzt vor?" Bis mein Professor damit anfing, das war dann weniger gut... Dann hab ich mir Arbeit gesucht. Hat auch geklappt. Und alles geht seinen alltäglichen langweiligen Gang.  Aber irgendwie war da immer noch diese Frage: "Und, was hast du jetzt vor?"


Und langsam begann ich zu ahnen: Mensch, die wollen gar nicht hören, dass ich arbeite und ganz normal lebe wie jedermann... Die wollen irgendwie mehr... einen zukünftigen Lebenslauf oder so was... ich kann doch aber nicht in Kristallkugeln lesen. Was soll ich denn antworten? Soll ich ihnen unhaltbare Prognosen geben, damit sie mir im Alter dann auf die Schultern klopfen und sagen können: "Weißt du noch, du wolltest mal die beste Schriftstellerin aller Zeiten werden. Was für eine Schnapsidee!" ...


Also das kann ich natürlich machen, aber ich will doch meine Leser nicht enttäuschen, wenn es dann tatsächlich klappt. Also sage ich inzwischen: "Ach, ich fange ja gerade erst an.... Mal sehen, was die Zukunft zu bieten hat."  

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