Literarischer Horror I

Ich habe mir ja fest vorgenommen, Jede Woche wenigstens eine kleine Meldung auf meiner Webseite zu machen. Und ich möchte das natürlich ein bisschen auf die Jahreszeit abstimmen. Es ist Mitte September, also höchste Zeit für Lebkuchen in den Supermarktregalen!

Nein, keine Bange, ich werde euch noch keinen Lebkuchen vorsetzen. Nicht, wenn es noch so viele schöne Sachen im Garten gibt. Heute habe ich mir eine Birne gepflückt. Was hatte ich ein Glück, dass die Äste niedrig hingen. Bei den Walnüssen wartet man ja, bis sie fallen. Pflücken könnte ich sie auch gar nicht, ich bin ja zwergenhaft zierlich. Das kompensiere ich mit den Flugkünsten eines Überfliegers, die ich dank sorgfältiger Planung in meinem Garten zum Glück nicht brauche. Jetzt habe ich also Birnen und Walnüsse und freue mich schon, morgen noch mehr im Garten zu entdecken. Die Pflanzen tragen zwar keine Blüten mehr, aber endlich Früchte.

Die Supermärkte jedoch glänzen schon mit Weihnachtsschokolade. Für die einen ist das schon der pure Horror und sie schreiben dann auch alle Jahre wieder davon, wie satt sie das haben. Die anderen sind noch nicht satt genug beziehungsweise am Kauen und äußern sich deshalb nicht dazu.  Aber warum soll man sich auch über das Angebot im Supermarkt aufregen? Das ist ja nicht wirklich gruselig.

Ich suche mein Grauen dann doch woanders. Gestern ging ich allein in den Wald, auf Spurensuche. Pilze zu suchen war mir aufgrund meiner botanischen Unkenntnis doch eine Spur zu Heftig. Ich hab also Pfötli-Abdrücke und Tiermotive gesucht. Gefunden hab ich viel Grausiges: eine Joggerin, zwei Radfahrer und einen Wanderer auf dem Trekking-Pfad. Ein gutes Motiv und den bösen Wolf suchte ich vergebens und im Knusperhaus war niemand mehr. Entweder ist der Hexe der Lebkuchen wegen der bösen Supermarkt-Filialleiter ausgegangen oder Hänsel und Gretel waren mal wieder zu Besuch. Danach muss sich die Gute immer erholen und fährt vier Wochen zur Kur in irgendein Bad. Der genaue Aufenthaltsort ist natürlich geheim, aber als Goetheleserin und Faust-Fan ist sie sicherlich auf den Spuren des Meisters unterwegs. Manchmal schickt sie mir eine Postkarte.

 

Kurz vor Samhain ist das natürlich lästig, aber was will man machen? Ich bin unverrichteter Dinge aus dem Wald zurückgekehrt und hab darum das alte Spukhaus am Waldrand noch aufgesucht. Aber was soll ich sagen, vor Sonnenuntergang ist da eh nichts los und ohne Taschenlampe ist der Rückweg nicht anzutreten, da hab ich mir schon einmal den Knöchel verdreht. Bin ich also müßig wieder zurück nach Hause. Also hier ist derzeit alles ruhig. Nicht mal einen Spanner habe ich erwischt und der Exhibitionist am Bahnhof ist schon Richtung Süden getrampt, weil es ihm hier zu nass und zu kalt ist und das seinem Ansehen schadet. Ich hab so das Gefühl, das wird dieses Jahr ein ganz und gar gemütliches und gar nicht Gruseliges Halloween. Genauso wie dieser Post hier. Aber man kann ja nicht auf Teufel komm raus Stimmung machen, dazu gehört schon ein bisschen mehr als Talent, das muss schon passen.

 

Da ich ja nun auch noch ein paar Wochen Zeit habe, konzentriere ich mich erst mal auf den Garten und die Ernte und sehe mich weiterhin um. Und der literarische Horror bleibt also fürs erste unberührt. Aber wie ist das in jedem guten Grusel-Buch? Man erzeuge erst einmal überzeugend eine Atmosphäre heiterer Gelassenheit, bevor man dann plötzlich über seine Leser herfällt und sie das fürchten lehrt. Im Idealfall dann, wenn man sie bereits an die Seiten gefesselt hat.     

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