Ein Gastbeitrag von Henni

 

Die Hängematte zur 6. Glückseligkeit

 

Wir alle kennen das- In einer Hängematte liegend schaukeln wir leicht im Wind, atmen entspannt die frische Meeresbrise ein und lauschen seelig dem beruhigenden Rauschen der Wellen. Die Sonne strahlt vom azurblauen Himmel hinab und verbreitet eine wohlige Wärme. Saftig grüne Palmenblätter spenden uns Schatten. Wir drehen uns in unserer Wonne gemütlich um, öffnen die Augen und- sehen das septembergraue, nasse Elend vor unserem Fenster.

Wir sind wieder im Hier und Jetzt, blicken auf die überfluteten Straßen, schauen in die mürrischen Gesichter der vorbeihastenden Menschen. Über uns der schwere, graue Wolkenschleier, der tagelanges Depri-Wetter verspricht. Hat man jedoch das Glück, in den Genuss eines letzten sonnigen Herbsttages zu kommen, kann man den Tagtraum noch einmal Wirklichkeit werden lassen: mit einem kleinen Stück Stoff, mit dem man sich einerseits entspannen und andererseits Fische fangen kann. So vielseitig ist die Hängematte.

Erfunden von dem altamerikanischen Volk der Tainos auf Haiti, diente die Hängematte in erster Linie als Schlafgelegenheit. Die karibische Bezeichnung „hamaca“, zu Deutsch „Fischernetz“, verweist jedoch gleichzeitig auf einen weiteren Verwendungszweck.

In der Kriegsmarine fand die Hängematte als platzsparende Schlafgelegenheit für Matrosen Verwendung. Durch die schaukelnde Bewegung der Schwebevorrichtung purzelten die Seemänner nun nicht mehr aus ihren Kojen und gegen die nächste Sperrholzwand. Und gegen die Übelkeit, die so manchen bei rauer See in seinem hängenden Bett überkam, fand sich auch schnell ein Mittel. Getreu dem Motto „Minus und Minus ergibt Plus“ soll man Hochprozentigem derart zugesprochen haben, dass die inneren und äußeren Schwankungen einander neutralisierten.

Tatsächlich ist die Hängematte ein derart praktisches Möbelstück, dass man es leicht als des Matrosen bester Freund bezeichnen könnte- sie ist platzsparend, schwimmfähig und ein treuer Kamerad bei Angriffen auf das Schiff, den man einrollen und als Dämpfer benutzen kann. Heutzutage assoziieren wir mit Hängematten jedoch weniger dramatische Abenteuer auf See, vielmehr ist sie für uns ein Symbol für Urlaub und Entspannung.

Das beliebte Motiv der Urlaubsindustrie wird häufig aus Fallschirmseide hergestellt und kann zwischen 17 und 13000 Euro kosten. Ob man auch aus einer Hängematte plumpsen kann, die so viel wie ein Kleinwagen kostet, geben die Hersteller allerdings nicht an. Aber kann man mit einem Kleinwagen fischen? Kann man einen Kleinwagen zwischen zwei Bäumen festschnüren? Letzteres könnte man, aber es sähe mehr als dämlich aus.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt verbindet dagegen ganz andere Gedanken mit der Hängematte: Für ihn läuft die Eurozone Gefahr, zu einem „Hängematten-Club“ zu verkommen, ein Ableger des Begriffs „soziale Hängematte“, welcher die Manier einiger Arbeitslosengeldempfänger aufgreift, bei der Suche nach Arbeitsplätzen das Gaspedal mit der Bremse zu verwechseln und ihr Auto fürs erste von anderen volltanken zu lassen.

Doch wir sollten uns und der Urlaubsindustrie zuliebe bei unseren Assoziationen bleiben und den Strand wieder herbeiträumen. Hier können wir entspannen mit dem Gefühl von Sicherheit, dass sich in jedem Hängemattenfreund ausbreitet, der den Eintrag in Meyers Großem Konversationslexikon aus dem Jahre 1904 verinnerlicht hat: „Eine gut verschnürte Hängematte dient auch als Rettungsmittel, da sie stundenlang schwimmfähig ist.“ Auch das kann man von einem Kleinwagen übrigens nicht behaupten.

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